Dienstag, 23. April 2013

frühling

Es ist wirklich Frühling. Wirklich. Also meistens. Außer, wenn es kalt ist und regnet.
Aber dazwischen ist Zeit für einen Spaziergang und Spaziergänge sind im Frühling am allerschönsten, weil über all Blumen von unten aus der Erde schießen und einem von oben über den Köpfen hängen.
ginster und magnolien
magnolienmeer


Bei so schönem Frühlingswetter kann man den Herrn Vater bei seinem Besuch ruhig mal mit auf das Havelekar nehmen. Trotz Wind wird fotografiert! Papa mit Punkfrisur.


Und es wurde Kuchen gebacken. Geburtstagskuchen für junge Küken. Schokoladenkuchen. Also vor allem Schokolade, weniger Kuchen im klassischen Mehl - Backpulver Sinn. Rezept von Ottolenghi. Und was soll ich sagen. Ich esse nicht gerne Süßes. Aber den schon.


240 g Butter
290 g Zucker
350 g 70% Schokolade
5 große Eier (getrennt)

Backofen auf 170° vorheizen, 26 cm Springform fetten und mit Backpapier auslegen.

Butter in Flocken und Schokolade in kleinen Stücken zusammenfügen in einer Schüssel, die die gesamte Masse aufnehmen kann. Den Zucker mit 4 Esslöffel Wasser zum kochen bringen, bis der ganze Zucker geschmolzen ist. Zuckerwasser über die Butter-Schokoladenmischung geben, so dass diese vollständig schmilzt, gut rühren, die 5 Eigelbe einzeln unterrühren. Die gesamte Mischung auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.

5 Eiweiße mit einer Prise Salz steif schlagen und in 3 Portionen unter die Schokoladenmasse heben. Es soll sich gut vermischen, aber man kann noch kleine weiße Flecken ausmachen.

3/4 der Masse in die Backform geben und 40 Minuten backen lassen. Kuchen auskühlen lassen, den Rest der Masse draufgeben und noch einmal 20 Minuten in den Ofen.

Fertig.

Ganz einfach.

Extrem gut.

So wie Frühling.

m.

Sonntag, 7. April 2013

Ausnahmetag

Gestern war mein erster Ausnahmetag.
Der erste Ausnahmetag von meinem "Plan". Kaffee, Zucker, Alkohol, Süßes, alles ist erlaubt an diesem Tag!
Und da ich ganz dringend auch mal eine Ausnahme von diesem Frühling, der kein Frühling ist, brauchte und mal ausnahmsweise Sonne, hab ich mir an meinem Ausnahmetag ein paar Stunden Italien gegönnt.
Das ist ja wirklich das schöne an Innsbruck, man setzt sich für eine Stunde ins Auto und ist in Italien, es ist zwar noch nicht so richtig richtig Italien, weil Südtirol so eine kleine Mischung aus Tirol und Italien ist, aber es ist schon immer ein bisschen wärmer und ein bisschen anders als zu hause.

Morgens bei 2 Grad, Nebel und grauseligem Wetter losgefahren. Und dann Pflichtprogramm, wenn man über den Brenner drüber ist (der Himmel riss natürlich auch sofort auf) an der Raststation bei Sterzing anhalten und den ersten Espresso:

Dann weiter, dieses Mal nach Bozen. Bozen hat einen wunderbaren Bauernmarkt, den wir besuchen wollten.. und was soll ich sagen, die Sonne kam raus und man wird von den Farben und Gerüchen und der italienischen Geräuschkulisse eingefangen und fühlt sich wie in einer anderen Welt und  genießt jeden Blick, jeder Atemzug tut gut und man saugt förmlich alles auf, was nicht grau ist, sondern bunt und Leben und schön:


Ranoncoli
 Glücklich und bepackt mit grünem Spargel, Tomaten, Olivenöl, Apfelsaft und natürlich Ranunkeln, sich einen Cappuccino gönnen, herrlich. Aber bald bemerken, dass wir die einzigen waren, die Cappuccino tranken, alle anderen waren schon beim Weißwein, Spritzer oder Hugo... Da dachten wir uns gute Idee! Die Einkäufe ins Auto verstaut und sich einen wunderbaren Platz in einem Café auf dem Waltherplatz direkt in der Sonne gesucht ... Noch besser. Weißwein bestellen, Menschen auf dem Platz beobachten und einfach die Sonne genießen und eigentlich gar nichts tun...


Egal wo ich bin, immer wenn ich einen Ausflug mache, bekommt meine Mama eine Postkarte von mir (wegen der Freude, wenn sie den Postkasten aufmacht), auch aus Bozen, natürlich.
Gegen den Hunger ein kleines, feines Restaurant suchen. Und es hilft immer wieder, noch ein Stückchen weiter zu laufen und noch einmal um die nächste Ecke zu schauen, weil dort findet man dann die kleinen Schätze.

Und so eines haben wir gefunden. Die "Fischbänke" heißt das kleine Lokal, dass nur draußen existiert, auf den alten marmornen Fischbänken des alten Fischmarktes, der früher hier einmal war, daneben der Fischbrunnen. Liebevoll wurde ein Sammelsurium an Schirmen und Tischen und Bänken um diese Fischbänke platziert und überall hängen Schilder mit lustigen Sprüchen und Lampions. Und irgendwie ist es eine Mischung aus Thailand- und Italien, so wie die Wirte, er ein Traum von einem typisch alten Italiener, Cobo, und seine Frau eine kleine zierliche Thailänderin.
Man setzt sich hinein in diese Welt und ist gleich glücklich, das Essen ist einfach aber sehr gut und der Wein auch. Und es ist einfach so entspannt. Dass wir ziemlich lang dort saßen und den Tag einfach genossen haben, und die Zeit einfach vergehen liessen...

Wenn ihr mal in Bozen seid, nehmt euch die Zeit und trinkt einen Weißwein mit Cobo dem Wirt, er findet die Fischbänke hier: Dr.-Streiter-Gasse 30, 39100 Bozen.
Und vergesst nicht auf Toilette zu gehen:


Dieser ganze Tag war wunderbar. Und ich würde den Plan ja fast für immer durchziehen, wenn alle meine Ausnahmetage so schön wären, wie dieser. Die Sonne, die Wärme alles tat an diesem Tag so gut. Und wir haben die 20 Grad noch gespürt, als wir wieder zurück über den Brenner in die graue Suppe gefahren sind und bei 4 Grad wieder in Innsbruck ankamen...

Und nun ist kein Ausnahmetag mehr, morgen fängt die Arbeit wieder an, aber ich habe mir von Cobo ein Konzept mitgenommen, für die Arbeitswoche, fürs Leben:


m.

sonntags lesenswert 7

Heute ist es mal ein Buch, dass nun wirklich keine Neuentdeckung ist oder unbekannt oder so, nein, ganz im Gegenteil, fast alle werden es kennen und es gelesen haben oder den Film gesehen haben, aber wahrscheinlich ist das schon sehr lange her und ihr ward noch sehr klein, als ihr es gelesen habt oder es euch jemand vorgelesen hat. Und deswegen möchte ich euch daran erinnern und sagen: lest es noch einmal, jetzt, wenn ihr erwachsen seid. Denn genau für uns wurde dieses Buch ja geschrieben, von dem wunderbaren Michael Ende, "Momo oder Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte".

Es ist so ein wundervolles Buch. Vor zwei Jahren erzählte ich meinem damaligen Freund davon und er meinte, er kenne es gar nicht und hat auch den Film noch nie gesehen, er hat schon einmal davon gehört, aber so richtig wüsste er nicht worum es in dem Buch ginge. Deswegen bin ich los und habe mir Momo gekauft, mein Exemplar aus Kindertagen ist leider nicht mehr auffindbar. Und ich las ihm "Momo" vor und mir wurde bewusst, was für ein wundervolles Buch es doch ist und wie schade es ist, dass man es eigentlich nur als Kind liest, wenn überhaupt. Und ich las das Buch vor und mir kamen sogar beim Vorlesen die Tränen, so gerührt war ich über Momo und Gigi Fremdenführer und Beppo Straßenkehrer und wieder habe ich mich gegruselt vor den Grauen Herren (gut, dass ich es vorgelesen habe, das heißt ich war nie allein), er beschreibt die grauen Herren so gut, dass einem selber kalt wird, wenn man über sie liest.

Ich glaube, den Inhalt muss ich keinem erzählen, ich wollte es nur einmal wieder in Erinnerung rufen und sagen: einfach mal wieder lesen. tut gut.

Eine meiner Lieblingsstellen:

"Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste es war eine notwendige Arbeit.
Wenn er so die Strassen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich.
Schritt - Atemzug - Besenstrich. Schritt - Atemzug - Besentrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenlich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter - Schritt - Atemzug - Besenstrich - - -
(...)
"Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Strasse vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig."

Freitag, 5. April 2013

Briefe

Es gibt so Dinge im Leben, die einen besonders glücklich machen.

Ich habe einige solche Dinge: das Geräusch von Sand, der unter meinen Füßen quietscht, weil er so fein ist, Möwen, ein Cappuccino morgens in irgendeinem kleinen Kaffee irgendwo in Italien in der Morgensonne, die Umarmung meiner Mutter, ein richtig gutes Carpaccio (irgendwann fahre ich in Harry's  Bar in Venedig und koste das Original) und der Moment, wenn ich meinen Briefkasten öffne und einen handgeschriebenen Brief, an mich adressiert, in ihm finde.

Diese Liebe zu handgeschriebenen Briefen habe ich schon sehr lange. Es fing irgendwann an, als ich 11 oder 12 war, damals schrieben meine Freundinnen und ich uns Briefe, nachmittags, wenn wir uns nicht sahen und gaben sie uns am nächsten Morgen in der Schule, eine zeitlang habe ich meine Briefe an sie (lang bevor es normal war, dass jeder einen Computer zu hause hatte) mit der alten mechanischen Schreibmaschine meiner Mutter geschrieben, eine weiße Kofferschreibmaschine mit schwarzen Tasten, die man noch kräftig runterdrücken musste und die bei jedem Zeilenwechsel ein "Pling" von sich gab, das war viel lässiger, als mit der Hand zu schreiben, damals saß man noch nicht stundenlang am Tag vor einer Tastatur... Und dann mit 13 zog ich fort von meinen Freundinnen und es gab noch keine E-Mails und kein Facebook und kein Skype und selbst das telefonieren war noch teuer und in der kleinen Wohnung in der wir lebten, hatte man nie eine Sekunde für sich allein, um in Ruhe zu telefonieren (um die wirklich wichtigen Dinge, die einen mit 13 so beschäftigen, zu besprechen). An dem Tag, an dem wir 700 km von meinen Freundinnen wegzogen, fing ich an, an sie zuschreiben, nach dem die Tränen getrocknet waren, was sehr lange dauerte, der Brief an sie wurde noch länger.

Von dem Tag an, verging kein Tag, an dem ich ihnen nicht geschrieben hätte. Ich schrieb ihnen drei zusammen, sie antworteten jede für sich. In den ersten anderthalb Jahren in dem neuen Ort hatten wir noch keinen eigenen Briefkasten und wir mussten unsere Briefe in der kleinen Post im Ort abholen. Jeden Tag bin ich hingegangen, die Angestellten kannten mich sehr schnell und ich musste nur den Kopf durch die alte Holztür stecken und entweder lachten sie mich an und griffen hinter sich in das Fach und gaben mir einen oder manchmal sogar zwei Briefe oder manchmal schüttelten sie auch den Kopf und ich sah ihnen an, dass auch sie ein wenig enttäuscht waren.  Aber tatsächlich war fast jeden Tag ein Brief für mich da. Wundervolle, lange, bunte Briefe, mit ganz viel Freundschaft und Liebe drin und ganz viel zu Hause, das mir so sehr fehlte.
Schon auf dem Heimweg riss ich die Umschläge auf und der Heimweg war oft dreimal so lang, wie der Hinweg, weil ich vertieft war in mein zu Hause, der neue Ort um mich herum, verlor sich in den Zeilen, das Heimweh und das Fremde und die Einsamkeit verflüchtigten sich zwischen den Seiten und den einzelnen Worten.

Diese Briefe haben mich so glücklich gemacht, haben mir Halt gegeben in einer so haltlosen Zeit.

Und ich schrieb ihnen zurück, jeden Tag, ewig lange Briefe, der längste hatte 58 Seiten, in drei Tagen geschrieben. Ich weiß nicht mehr was ich geschrieben habe, alles was in meinem Kopf vorging. Was in einem 13 Jährigen Mädchen so vor sich geht. Es ging nicht um den Inhalt, es ging darum, das zu teilen, was wir nicht mehr teilen konnten, jeden Tag, den wir zu vor miteinander verbracht hatten. An dem ich nun nicht mehr teilnehmen konnte. Die kleinen, unbedeutenden Dinge und die großen, wichtigen Dinge, als sich die eine Freundin zum ersten Mal verliebte, der erste Kuss, von uns allen, die erste Liebe, der erste Herzschmerz, das was Freundinnen sich abends, wenn sie zusammensitzen erzählen. Diese Briefe gaben mir das Gefühl, doch noch dabei zu sein, auch wenn ich nicht mehr dabei war. Der Brief von C., der über und über mit Herzchen bemalt war, weil sie so verliebt war oder ganz großartig, der Bresso-Klecks auf einer Seite auf einem Brief von A., den sie umkringelte und dranschrieb "ich ess grad Brötchen mit Bresso drauf! Sehr lecker!" und ich einfach nicht mehr aufhören konnte zu lachen. So sehr, dass ich mich heute, fast zwanzig Jahre danach immer noch daran erinnere.
Und so waren die Briefe, als wenn ich neben ihr sitzen würde, während sie ihr Bresso-Brötchen ass und wir über irgendetwas so in Lachen ausbrachen - bis der Kakao in die Unterhose läuft, aber das ist wieder eine andere Geschichte - so war das, diese Briefe zu lesen.

Alle diese Briefe habe ich noch und ich könnte mich niemals von ihnen trennen. Von allem könnte ich mich trennen, nur davon nicht.

Viel Zeit ist seit dem vergangen, die Zeiten haben sich verändert, man schreibt sich E-Mails oder chattet, was seine Vorteile hat, weil es schneller geht und man eigentlich näher dran ist. Aber für mich ist es nicht vergleichbar. Man ist viel näher, wenn man ein Blattpapier in den Händen hält, auf dem geschrieben steht in der Handschrift eines geliebten Menschen, was derjenige denkt und fühlt. Die Handschrift des anderen sieht, sieht ob der Brief in Eile, in Aufregung, in Ruhe oder mit Bedacht geschrieben wurde. Das selbe Papier in den Händen zu halten, das auch der Schreiber in den Händen hielt. Es hervorgeholt hat, einen Stift mit dem er gerne schreibt, sich hingesetzt hat und sich die Zeit genommen hat, an einen und über einen nachgedacht hat. Einen Briefumschlag gesucht, die  grausige Briefmarke angeleckt - auch so etwas was es heute nicht mehr gibt, heutezutage kleben alle Briefmarken von allein, wie schade... nach dem ganzen Schreiben und der Mühe war es so ein schöner Abschluss, dieses grauselige Ding anzulecken und auf den Brief zu kleben, ich werde nie den Geschmack und das Gefühl vergessen - aber man klebt die Briefmarke immer noch auf den Brief und dann ist er fertig. Dann kann er auf seinen Weg gehen, mit dem Wissen, dass er am Ende seines Weges jemanden sehr glücklich macht. Das alles ist soviel schöner, als einfach nur auf den Button "senden" zu drücken.

Viel Zeit ist seit dem vergangen. Selten macht man den Briefkasten auf und findet dort einen handgeschriebenen Brief für sich. Aber wenn, dann ist das Gefühl unbeschreiblich. Menschen, die mich im Fahrstuhl den Brief aufreißend sehen würden, mit einem Lächeln im Gesicht, dass so breit ist, dass man denken könnte es ist ein misslungener chirugischer Eingriff, könnten denken, irgendwelche Drogen wären in diesem Brief. Und vielleicht ist es auch so etwas wie eine Droge, eine Droge, die sehr sehr glücklich macht. Mich.

Probiert es einmal wieder aus. Setzt euch hin und schreibt einen Brief an einen geliebten Menschen, egal, ob er nah oder fern ist. Darauf kommt es nicht an, es kommt auf euer Gefühl an, wenn ihr den Brief schreibt und abschickt und die Freude, bei dem, der ihn bekommt.

Ist gar nicht schwer, Menschen glücklich zu machen.

m.