Sonntag, 7. April 2013

sonntags lesenswert 7

Heute ist es mal ein Buch, dass nun wirklich keine Neuentdeckung ist oder unbekannt oder so, nein, ganz im Gegenteil, fast alle werden es kennen und es gelesen haben oder den Film gesehen haben, aber wahrscheinlich ist das schon sehr lange her und ihr ward noch sehr klein, als ihr es gelesen habt oder es euch jemand vorgelesen hat. Und deswegen möchte ich euch daran erinnern und sagen: lest es noch einmal, jetzt, wenn ihr erwachsen seid. Denn genau für uns wurde dieses Buch ja geschrieben, von dem wunderbaren Michael Ende, "Momo oder Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte".

Es ist so ein wundervolles Buch. Vor zwei Jahren erzählte ich meinem damaligen Freund davon und er meinte, er kenne es gar nicht und hat auch den Film noch nie gesehen, er hat schon einmal davon gehört, aber so richtig wüsste er nicht worum es in dem Buch ginge. Deswegen bin ich los und habe mir Momo gekauft, mein Exemplar aus Kindertagen ist leider nicht mehr auffindbar. Und ich las ihm "Momo" vor und mir wurde bewusst, was für ein wundervolles Buch es doch ist und wie schade es ist, dass man es eigentlich nur als Kind liest, wenn überhaupt. Und ich las das Buch vor und mir kamen sogar beim Vorlesen die Tränen, so gerührt war ich über Momo und Gigi Fremdenführer und Beppo Straßenkehrer und wieder habe ich mich gegruselt vor den Grauen Herren (gut, dass ich es vorgelesen habe, das heißt ich war nie allein), er beschreibt die grauen Herren so gut, dass einem selber kalt wird, wenn man über sie liest.

Ich glaube, den Inhalt muss ich keinem erzählen, ich wollte es nur einmal wieder in Erinnerung rufen und sagen: einfach mal wieder lesen. tut gut.

Eine meiner Lieblingsstellen:

"Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste es war eine notwendige Arbeit.
Wenn er so die Strassen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich.
Schritt - Atemzug - Besenstrich. Schritt - Atemzug - Besentrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenlich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter - Schritt - Atemzug - Besenstrich - - -
(...)
"Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Strasse vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig."

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